Pamphill – Shapwick

Es war ein großartiger Karfreitag, was leider bedeutet, daß ich nicht allein am Busen der Natur herumkraxelte, die Hure! Zuerst entfuhr es mich nach Pamphill, einem Vororte von Wimborne Minster, der eigentlich das Estate Village, also das Bedienstetendorf des nahen Schlosses Kingston Lacy ist. So liebreizend wie Kingston Lacy, dieses mir schönste Herrenhaus auf Erden, so ist auch Pamphill, eine lauschige Eichenallee verbindet beide, links und rechts viel Common Greens, Gemeindegrüns, mit grellgrünem seidigen Gras. Die Allee endet nach ein paar hundert Metern (zwei?) an der alten Dorfschule am Ortsausgang und ich habe bis dato noch nicht viel von Pamphill gesehen, was daran liegt, dass die Häuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert allesamt abseits versteckt hinter Bäumen schlummern.
Hinter Cowgrove, dem nächsten verschlafenen Nest, befinde ich mich auf einer heckenbestandenen, hell von der Sonne beleuchteten Straße gen Shapwick, überall nur duftende Wärme, Frühling. Oberleitungen überqueren die Straße und wie ich so unter ihnen gemütlich durchkutschiere, glaube ich mich in einer dieser dreidimensionalen Ansichtskarten zu befinden, wie sie früher hergestellt wurden.
Alles blüht und im Hintergrund schimmern die Hügel. Ich biege an der alten White Mill von Sturminster Marshall ab, lasse die lange achtbogige Brücke über den River Stour aus dem Mittelalter links liegen. Später gibt es eine Lücke in der Hecke, von wo aus man den schönen Fluss sich winden sehen kann. Drei Schwäné erheben sich majestätisch, vermutlich von mir aufgescheucht, und fliegen langsam den Fluss entlang nach Shapwick, so auch ich… nur daß ich mich nicht ganz so majestätisch erhebe, und von Fliegen kann erst recht keine Rede sein, und doch fahre ich ein wenig schneller, um die Schwäné wieder zu sehen.
Ein schwarzweißer Hund läuft mir hinterher, wie der Treckerfahrer hinterm Traktor, von dem er gefallen ist. Eine Katze liegt ausgebreitet in der Sonne und geht erst weg, als der Hund ankommt, und dann sehe ich die St. Bartholomew Kirche, wegen der ich hier nach Shapwick gefahren bin. Sicher ist dies mir nicht die Westminster Abbey oder die St. Paul’s Cathedral oder die St. Govan’s Chapel in Pembrokeshire, eigentlich ist nichts an dieser Kirche so außergewöhnlich, nur eben ihre Lage und ein Teil ihrer Annalen.
Sie liegt direkt am Ufer des Stour, eine ob der Überflutungsgefahr recht unpraktische Stelle und, es musste ja soweit kommen, während eines Begräbnisses im Jahre 1870 stieg die Flut und riss den Sarg mit sich, den man gerade der Erde hatte übergeben wollen. Vielleicht wollte der Tote sowieso eine Meeresbestattung und Gott hat alle längeren Hebel in Bewegung gesetzt, um ihm jenen Wunsch zu erfüllen? Der Sarg ward nie mehr gefunden.
Ich glaube aber, der Sarg wurde nicht in den Englischen Kanal hinausgespült, sondern irgendein Bauer war gerade auf dem Weg zu Ikea, um das hart ersparte Geld für die Mehrzwecktruhe «Göndelä» aus dem Fenster zu schmeißen, da kam ihm der Sarg genau recht, seitdem bewahrt er seine Schmutzwäsche in ihm auf und von den Grabbeigaben hatte er sich die Anbauwand «Björnebie» gekauft, die er schon bei seinem Landgrafen bewundert hatte.
Die Neuzeit bescherte Shapwick kniehohe Flutschutzanlagen mit eisernen Toren, die die Deichöffnungen am Parkplatz an der Kirche und am Eingang auf den Kirchhof abriegeln sollen, eigenartigerweise aber hinter der Kirche, nur um das Dorf auf dem Trockenen zu lassen. Derjenige, der diese Anlagen gebaut hatte, scheint Atheist zu sein, die Kirche kann ruhig im Hochwasser versumpfen und die Einwohner schauen belustigt zu, wie der Schlamm um die schiefen Mäuerchen Sankt Bartholomäs gurgelt.