Die Zeit scheint ein wenig stehen geblieben zu sein im Anker. Siebziger-Jahre-Charme kommt auf durch die Holzmöbel und –vertäfelungen, die Lampen und die Buntglasfenster. Aber es paßt zu dieser einfachen, rustikalen, traditionellen deutschen Gaststätte als Teil eines Hotelbetriebs im Wiesbadener Stadtteil Bierstadt.
Etwas unschlüssig treten wir ein, denn eine Homepage zur Vorab-Information hatte ich nicht gefunden und auch die Karte im Aushang zeigte(bis auf die Fischstäbchen für Kinder und Senioren sowie ein Omelett) ausschließlich Fleischiges — nichts für Vegetarier. Eine alte Dame, wohl Stammgast hier, bestätigte uns gleich, daß hier das Essen gut sei und sie könne das beurteilen. Noch vor dem Hinsetzen klärten wir mit der Wirtin nach kurzem Studium der Karte, daß auf Wunsch unserer Tochter aus den Zutaten für das Tomaten-Mozzarella-Schnitzel auch ein Caprese gemacht werden könne — gleichwohl ohne Balsamico und Basilikum — egal, Hauptsache etwas Frisches an diesem schönen Sommertag.
Wir drei anderen schauten durch die deftige Karte mit Hausmannskost, frisches Gemüse oder ausgewiesene fleischlose Hauptspeisen gab es nicht. Dafür Bratwurst mit Sauerkraut(6,00), verschiedene Schnitzel(6 — 7,50), Hacksteak(5,50), Rumpsteak(11,00), Grillteller(10,00), etc. Beilagen gehen zwar meist extra, was aber bei den wirklich günstigen Preisen kein Problem ist. Kinder– oder Seniorenteller von bis 7,50. Erwähnenswert sind die Aktionstage: Mo & Do: Schnitzel, Mi: Cordon Bleu, freitags Fisch.
Während die andere Tochter auch nur gebackenen Camembert mit Toast haben wollte, bestellte meine Frau Rippchen mit Kraut(6,00 , sehr einfache Version, kein Highlight) und für mich sollten es Schweinemedaillons auf Toast mit frischen Champignons, Pfirsich und Sauce Hollandaise sein. Und damit hatte ich wohl die beste Wahl getroffen. Gute Portionen waren es allesamt. Bei mir zwei mit Fleisch belegte Toastscheiben, Dosenpfirsiche, Hollandaise, Deko-Melone und Beilagensalat. Die Unterschiede meiner Champignons zu Dosenware hätten deutlicher herausgearbeitet werden können. Aber geschmacklich war ich für acht Euro sehr zufrieden. Dazu ein großes, frisches Bier — mir ging’s gut.
Auch sonst — die Tische waren mit sauberen Stofftischdecken und frischen Blümchen eingedeckt, der Service war freundlich und hat sowohl zwischendurch als auch später nachgefragt, ab alles in Ordnung sei — war alles auf einfachstem Niveau ok. Zum Schluß wurde leider die leise Musik durch einen überlauten Fernseher aus dem Nachbarraum übertönt.
Ich könnte mir vorstellen, daß der Anker ein einfaches, ganz normales«Schnitzellkokal» ist, das eher auf die ältere Generation als Kunden vor Ort abzielt. Gute Portionen– kleine Preise(auch bei den Getränken) — Stammkundschaft. Mir persönlich fehlt hier der frische Wind oder etwas Kultiges, etwa ein origineller Wirt, legendäre Bratkartoffeln, frisches Gemüse, 10 Sorten Apfelwein, einfach irgendein Alleinstellungsmerkmal, was mich veranlaßt, wiederzukommen. Vielleicht sind die erwähnten Aktionstage ja ein Anfang?