Hamburger Hofladen

Schon beim betreten kann man entschleunigen, einkaufen wie damals, alles mit Liebe dekoriert. Nette Bedienung, von deren man spätestens an der Kasse mit seinem Namen angesprochen wird, wo gibt es das schon in Supermärkten…
Das Warenangebot ist von International bis Regional; Saisonal im ständigen Aktualisierungsprozess.
Individuelle Bestellungen werden prompt und gern getätigt.
Danke und bis bald;-))

Besser als DichtervonReimen kann man den Hofladen nicht darstellen.
Jedesmal, wenn ich mal wieder in Hamburg bin, genieße ich den besonderen Flair dieses Geschäftes. Man bekommt eigentlich alles, was man so braucht, und hat trotzdem fast den Eindruck eines heimeligen Tante-​Emma-​Ladens. Nicht das Getümmel in einem Supermarkt, nein, norddeutsche Gemütlichkeit ist hier angesagt. Und das tut gut.

Der bereits für Nienstedten beschriebene «Hamburger Hofladen» hat jetzt einen weiteren Ableger bekommen. Auch im Eppendorfer Weg 192 (Ecke Moltkestraße — wo früher der etwas schrabbelige Edeka war) gibt es jetzt Feinkost und Naturkost.

Letzten Samstag hatten wir keinen Toast mehr zum Frühstück und ich besuchte den Hofladen: Das Geschäft ist kaum größer als das Ankleidezimmer der Queen im Buckingham Palace (geschätzte 150 Quadratmeter) aber dafür so aufgeräumt wie der Weinkeller von Prinz Phillip. Ich zähle sieben hilfsbereite Bedienstete, geschult, der anspruchsvollen Kundschaft beim Betreten des Ladens ihre Wünsche von den Lippen zu lesen. Der Hofladen heißt nach dem Hauptgeschäft am Hamburger HOFweg, aber das weiß kaum einer. Die meisten hier im feudalen Nienstedten denken, das Feinkostgeschäft trägt seinen Namen, weil es sich zu den Hoflieferanten königlicher Kundschaft zählt. Vor kaum mehr als 12 Monaten firmierte das Geschäft noch solide und zutiefst bürgerlich als «Feinkost Schulte», der neue Inhaber unterstreicht mit dem neuen Namen seinen Ehrgeiz, auch höchsten Ansprüchen zu genügen. Dienstbeflissene Geister haben Obst und Gemüse in ordentliche Muster gelegt; handverlesene Äpfel, in saubersten Apfelkisten zu ordentlichen Reihen gruppiert, buhlen mit glänzenden Rotbäckchen um die Gunst naschhafter Konsumenten. Diese fehlerlose Ordnung lässt keinen Zweifel daran, dass jeder Apfel einzeln darauf überprüft wurde, ob er vor den Augen der anspruchsvollen Käufer Gnade finden wird. Druckstellen und Würmer mögen ihren Platz in den großflächigen Märkten mit ihrer proletarischen Kundschaft finden, hier ist für zweite Wahl kein Platz. Angesichts dieser verlockenden Anblicks verlangt es mich plötzlich nach Äpfeln und fachkundig sucht mir die Gemüsefachkraft die besten unter den guten Früchten heraus, wiegt sie und verpackt sie in einer traditionellen Papiertüte.
An einem Tresen gibt es wohlfeile Wurstwaren und Käse. Alles wird nach Kundenbegehr frisch aufgeschnitten, dem Wunsch nach dünneren oder dickeren Scheiben kann so eilfertig entsprochen werden. Die ausgeklügelte Falttechnik, mit der jede Sorte Aufschnitt einzeln in Papier verpackt wird, gereicht jedem Origami-​Künstler zur Ehre: acht Scheiben extradünne Lotsenmettwurst erfordern zehn geübte Kniffe. Bei der Entstehung dieses Kunstwerkes dabei sein zu dürfen ist erhebend und entschädigt für die Wartezeit.
Das Sortiment an fertigverpackten Lebensmitteln entspricht dem eines bürgerlichen Supermarktes, allerdings bietet der Hofladen überwiegend die hochpreisigen Premiummarken an, selbst bei Kartoffelchips findet sich eine Gourmetvariante, die «American Kettle Chips».
Kunden mit bourgeoisem Sparzwang gehören hier nicht zur Zielgruppe, dennoch heischt der Blick der Kassiererin um Nachsicht, als sie mir die Rechnungssumme nennt. Gefasst zücke ich die königliche Schatulle, trenne mich von einigen Goldstücken und packe Äpfel, Toast und Mettwurst in die ausladenden Taschen meines Hermelinmantels. Dann spaziere ich zurück ins Schloss.